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zwei Holzfiguren geben sich die Hand

Schnuppermonate – wie die JAV in der Probezeit unterstützen kann

 „Nee, so hab ich mir die Ausbildung doch nicht vorgestellt.“ Die neuen Auszubildenden haben inzwischen erste Erfahrungen gesammelt. Sie und ihr Betrieb oder ihre Dienststelle haben sich ein bisschen beschnuppert und meist auch bereits festgestellt, ob sich die gegenseitigen Erwartungen erfüllen. Denn noch sind die meisten Neuen in der Probezeit, die immer wieder Fragen aufwirft. Dabei ist die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) oft erste Anlaufstelle für die Neuanfänger*innen.

Als JAV solltet ihr gleich von Anfang an jede Gelegenheit nutzen, mit euren neuen Auszubildenden über die Probezeit ins Gespräch zu kommen. Weist sie zum Beispiel schon bei der Begrüßungsveranstaltung darauf hin, dass sie sich mit allen Problemen, die sich im Rahmen ihrer Ausbildung auftun, so frühzeitig wie möglich an euch wenden können. Dies können zum Beispiel Konflikte mit Vorgesetzten sein, missverständliche Arbeitsaufträge durch Ausbilder*innen oder auch wenn sie sich häufig zu ausbildungsfremden Tätigkeiten abkommandiert fühlen und diesen (zurecht) nicht widerspruchslos folgen. Oft zeigen sich Probleme, die während der Probezeit zu einer Kündigung führen können, zeitnah schon zu Beginn der Ausbildung.

Ist die JAV von Anfang an mit im Boot, können Probleme oft beseitigt werden, bevor das Kind in den Brunnen gefallen und die Probezeitkündigung ausgesprochen ist. Als JAVen könnt ihr zum Beispiel vermittelnd auftreten und gemeinsam nach Lösungen suchen, die einer Probezeitkündigung vorbeugen. Sprecht in solchen Fällen auch zeitnah euren Betriebsrat oder Personalrat an, die wissen, wie ihr in Konfliktfällen vorgehen müsst. Wichtig ist auch, dass ihr die rechtlichen Rahmenbedingungen kennt.

Wie lange dauert die Probezeit?
Die genaue Probezeit ist im Ausbildungsvertrag geregelt. Die kann der Arbeitgeber jedoch nicht willkürlich bestimmen, er muss sich dabei an die Vorgaben von Berufsbildungsgesetz (BBiG) und Pflegeberufegesetz (PflBG) halten, die die längstmögliche Probezeitdauer festlegen. Für Auszubildende nach BBiG gilt eine maximale Probezeit von vier Monaten (§20 BBiG), für Auszubildende nach dem PflBG kann die Probezeit auch bis zu sechs Monate dauern.

Manchmal ergibt sich aus der Tarifvertragsklausel auch eine kürzere Probezeit, die über den Ausbildungsvertrag festgelegt werden muss. Auch ihr als JAV könnt euch unter bestimmten Umständen dafür einsetzen, dass die Probezeit verkürzt wird, etwa dann, wenn die Auszubildenden bereits ein Praktikum in eurem Betrieb oder eurer Dienststelle absolviert haben. In dieser Zeit hatten beide Seiten schließlich schon die Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen. In diesem Fall könnt ihr das Gespräch mit dem Ausbilder oder der Ausbilderin, bzw. mit dem Arbeitgeber oder der Dienststellenleitung suchen und über eine verkürzte Probezeit verhandeln. Holt euch dafür auch den Rückhalt des BR/PR.

Was genau bedeutet eigentlich Probezeit?
In diesem im Ausbildungsvertrag festgelegten Zeitraum arbeiten Auszubildende tatsächlich „auf Probe“. Während der Probezeit gibt es keine Kündigungsfrist (§ 22 Abs. 1 BBiG, § 22 Abs. 1 PflBG), beide Seiten können das Ausbildungsverhältnis also kurzfristig und einseitig beenden. Dies muss in jedem Fall schriftlich erfolgen.

Wenn euer Arbeitgeber das Ausbildungsverhältnis kündigt, muss er die Gründe dafür gegenüber dem oder der Auszubildenden zwar nicht nennen, euch als JAV, eurem Betriebs- oder Personalrat muss er sie jedoch erklären. Begründungen sind Fehlzeiten und wiederholtes Zuspätkommen im Ausbildungsbetrieb, mehrfaches und unentschuldigtes Schwänzen der Berufsschule, mangelnde soziale Kompetenz, ungenügende schulische Leistungen oder auch wenn die schriftlich zu führenden Ausbildungsnachweise trotz mehrfacher Aufforderung nicht gemacht werden.

Keine Kündigung ohne betriebliche Interessenvertretung
Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, Betriebsrat (BR) oder Personalrat (PR) vor der Probezeitkündigung über diesen Schritt zu informieren und diese Gremien dazu anzuhören, sonst ist die Kündigung unwirksam. Das regeln das Betriebsverfassungsgesetz (§ 102 Absatz 1 BetrVG) und das Bundespersonalvertretungsgesetz (§ 79 Absatz 3 und 4 BPersVG, vgl. auch entsprechende Regelungen in den LPersVGen).

Nach dieser Ankündigung besteht eine Frist von drei Tagen, in denen JAV, BR oder PR die Möglichkeit haben, den Arbeitgeber doch noch zum Einlenken zu bewegen und die Probezeitkündigung zu unterlassen. Als JAV solltet ihr die Zeit unbedingt nutzen, um mit dem oder der betroffenen Auszubildenden die Situation eingehend zu besprechen und nach Möglichkeiten zu suchen, die Kündigung vielleicht doch noch zu verhindern und die Ausbildung fortzusetzen. Dabei sollte z.b. auch die Arbeitgeberseite gefragt werden, welche Maßnahmen denn schon unternommen wurden um den*die Auszubildende*n zu unterstützen und dem Problem gemeinsam entgegenzuwirken.

Ist die Kündigung ausgesprochen, ist es nicht möglich Widerspruch dagegen einzulegen. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen, in denen für Auszubildende in der Probezeit ein besonderer Kündigungsschutz gilt, nämlich dann, wenn

  • eine Schwangerschaft oder
  • eine Schwerbehinderung vorliegt oder
  • die Kündigung ein JAV-Mitglied betrifft 
 

Kündigung, was nun?
Arbeitnehmende, Auszubildende und dual Studierende sollten wissen: viele Kündigungen sind unwirksam. Nachdem die Kündigung ausgesprochen wurde, sollten sich Betroffene also an ihre betriebliche Interessenvertretung wenden. ver.di Mitglieder können außerdem den kostenfreien Rechtschutz in Anspruch nehmen und ggf. gegen die Kündigung vorgehen. (mehr Infos)

Nach einer Probezeitkündigung ist nicht gleich Schluss, viele Betriebe suchen noch nach Auszubildenden in ähnlichen Bereichen. Ihr könnt den Auszubildenden raten sich bei der zuständigen Kammer nach offenen Ausbildungsplätzen zu informieren und so ggf. die Ausbildung nahtlos fortzusetzen. Das gilt, unabhängig davon von welcher Seite aus das Ausbildungsverhältnis beendet wurde.

Unterstützung für JAVen
Mit gut informierten JAVen läuft es in Betrieben und Dienststellen einfach besser – auch für eure Auszubildenden. Holt euch im Zweifel immer gerne Rat bei euren ver.di-Jugendsekretär*innen vor Ort und besucht die ver.di-JAV-Seminare 1 bis 4. Sie vermitteln euch eine optimale Grundlage, mit denen ihr das rechtliche Rüstzeug für alle Konfliktfälle rund um die Ausbildung bekommt – auch für eine konfliktfreie Probezeit.

 
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